إلهام مانع
Elham Manea
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Allerdings, Frau Manea: „Wie sprechen wir über den Islam?“
Die jemenitisch-schweizerische Politologin und Autorin Elham Manea ist Vorstandsmitglied für das Forum für einen fortschrittlichen Islam in der Schweiz (FFI) sowie Mitbegründerin der Ibn-Rushd-Goethe Moschee in Berlin, die den Weg zu einem freiheitlichen und demokratietauglichen Islam finden möchte. Manea studierte Politikwissenschaften in Kuwait und den USA und arbeitet heute als Privatdozentin an der Universität Zürich.
Auch in ihrem Büchlein Ich will nicht mehr schweigen wirbt Manea (2009) für einen, wie sie es nennt, humanistischen Islam. Auszüge daraus kommentiert Jacques Auvergne.
Wenn etwas auch simpel ist, so ist es doch wenigstens allein darum nicht pauschal verkehrt. Ein simples Denken beispielsweise betont den Gegensatz glatt rau, kalt warm oder hell dunkel.
Gegenstand und Umgebung oder Symbol und Umraum. Kennen Sie den Witz von der Flagge Ostfrieslands? Weißer Adler auf weißem Feld. Die hier so fies verspotteten Ostfriesen würden auf ihrem eigenen Erkennungszeichen nichts erkennen können. Visualisieren wir zum erfolgreichen Denken daher einmal ein schwarzes Zeichen und einen weißen Hintergrund oder Umraum. Das dunkle Erkennbare sei jetzt unser Objekt der Beobachtung, der echte, 1400 Jahre alte Islam, das helle Umgebende der Nichtislam aller Welt.
Ein Beobachten freilich, das gemäß bundesdeutscher Staatsdoktrin auf eine gewisse Erkenntnislosigkeit hinauszulaufen hat, nämlich auf allgemeine („gesamtgesellschaftliche“) prinzipielle islamische Problemlosigkeit. Ein gar zur Sprache gebrachtes, bereits ein auch nur besprechbares Problem wäre schließlich Gegenstand, symbolisieren wir ihn schwarz, mithin erkennbar und potentielles Objekt von scharfer Kritik. Nebelwurf ist da vonnöten.
Doch ist das durch interreligiöse Dialoge und staatsverdoppelnde staatliche Islamkonferenzen (ausdünnende Demokratie am Tisch mit der Allahkratie … Islam ist seit 1400 Jahren selbst Staat) grimmig verteidigte neue deutsche Staatsziel die islambezogene Sprachlosigkeit. Weißer Adler auf weißem Grund sozusagen: der eigentliche Islam sei durch und durch unproblematisch, von himmlisch weißer Unschuld, und ebenso verhalte es sich mit dem Bereich des Nichtislamischen, der auch durch ein noch so heftiges islamisches Umweltverändern problemfrei bliebe, von makellosem Weiß.
Weil es zwischen Nizam (niẓām, das ernst gemeinte sprich totalitäre Schariasystem) und Dschahiliyya (die vorislamische sogenannte Zeit der Unwissenheit, bei Sayyid Qutb alles Nichtislamische) doch nicht ganz ohne Reibung abgeht, und das nicht erst seit Nine Eleven, sondern seit 1400 Jahren, hat durch Kulturrelativisten und Postmodernisten der oben angeführten Heraldik heutzutage etwas Drittes zugefügt zu werden, muss den fehlerfreien und gefälligst unbegrenzt demokratietauglichen Adler von Koran und Sunna eine breite Umrisslinie umgeben, die endlich in gruseligem Dunkel gemalt werden darf – der phänomenale Islamismus oder politische Islam, jener schlimme Missbrauch der angeblichen Mohammedschen Menschheitsbeglückung insbesondere Frauenfreundlichkeit.
Einen nachträglich politisch gewordenen Islam gibt es nicht. Das vollkommene Wesen war Prophet, Erteiler von Mordaufträgen, Feldherr und Kriegsverbrecher in Personalunion. Mohammed wurde im auch heute muslimischerseits global wiederherzustellenden bzw. durchzusetzenden Medina zum Staatsgründer. Politischer geht es nicht.
Islamfrommes weißes Wappenzeichen umlagert, umzingelt von einer Zone Schwärze – auch Elham Manea beschwört den Dualis und schroffen Gegensatz zwischen gutem Islam und bösem politischem Islam. Das Böse jedenfalls sei in den heutigen Islam von außen eingesickert, die intrinsisch gesunde Religion sozusagen allopathisch vergiftet.
Ein Pseudoislam oder jedenfalls ein durch Menschenhand schlimm entstellter Islam verfehle und missbrauche die Religion des Propheten Mohammed. Den Islam in Zentrum („Kern“) und Peripherie aufspaltend, erklärt Manea den eigentlichen Islam als menschenfreundlich und allgemein nützlich.
78 Eine Religion hat einen Kern – nennen wir ihn das Herzstück –, der bestrebt ist, die Wirklichkeit zum Besseren zu verändern, was bedeutet, dass er im Wesentlichen darum bemüht ist, eine gerechte Welt für die Menschen zu schaffen.
Derartig verbissene Faktenleugnung erstaunt. In Medina schuf Mohammed den erwähnten IS (Islamischen Staat), der jeden Nichtmuslim und jede muslimische Frau entwürdigt und weitgehend entrechtet hielt.
„Die Wirklichkeit zum Besseren zu verändern …, eine gerechte Welt für die Menschen zu schaffen“, etwa mit dem islamischen Heiraten der Zweitfrau bis Viertfrau oder eines sechs Jahre alten Mädchens, mit dem der dem prophetischen Vorbild folgende Ehemann drei Jahre später ehelichen Geschlechtsverkehr haben darf? Bei einer Trennung verliert die Frau ihre Kinder, die dem Mann und seinem Stamm gehören, was kein Wahhabismus oder Salafismus ist, sondern Koran und Sunna, Islamisches Recht. Die angeblich zum offenen Reden fest entschlossene Manea („Ich will nicht mehr schweigen“) hätte fordern müssen, das die Scharia weltweit aus dem geltenden Recht entfernt wird, auch aus dem Familienrecht, und dass eine Religion, die auf wortwörtliche Anwendung von Koran und Sunna besteht, nicht in die universitäre Imamausbildung integriert werden darf und schon gar nicht in den schulischen Religionsunterricht.
„Eine gerechte Welt für die Menschen“, etwa mit den Hadd-Strafen? Im Islam wird Straßenraub (ḥirāba, qaṭʿ aṭ-ṭarīq) mit Tötung, Kreuzigung, kreuzweisem Abhacken von Hand und Fuß oder Vertreibung geahndet. Grundlage für diese Regelung ist Sure 5:33-34: „Doch die Vergeltung derer, die gegen Gott und seinen Gesandten kämpfen und im Lande auf Unheil aus sind, die ist, dass sie getötet werden oder ihnen ihre Hände und Füße abgehauen werden, wechselweise rechts und links, oder sie aus dem Land vertrieben werden. Das ist Erniedrigung für sie hier in diesem Leben. Im Jenseits aber ist ihnen harte Strafe bestimmt, außer denen die bereuen, bevor ihr sie in eure Gewalt bekommt. So wisst, dass Gott bereit ist zu vergeben, barmherzig“ (Übersetzung Hartmut Bobzin).
In vorislamischer Zeit hatte die Frau weitaus mehr Freiheiten – Chadidscha (Ḫadīǧa bint Ḫuwaylid, lebte ungefähr von 555 bis 619, die erste Ehefrau Mohammeds und die einzige, mit der er in Monogamie lebte) konnte den jungen Karawanenführer heiraten. Nur in den ersten Jahren der Herrschaft Mohammeds konnten Poeten wagen, Spottgedichte auf die neue Religion und ihren Stifter zu schreiben.
Nein Frau Manea, jedenfalls aus der Perspektive allgemeiner Menschenrechte war der frühe Islam keineswegs dazu da, die Welt „zum Besseren zu verändern“, sondern lockte die Gehorsamen mit der Belohnung im Paradies, drohte den Gehorsamsverweigerern mit der Höllenstrafe und setzte auf Erden mit Folter und Mord eine Schreckensherrschaft durch, die nach Koran und Sunna letztlich weltweit zu errichten bleibt.
Alle Männer des jüdischen Stammes (Banu) Quraiza wurden im Jahr 627 mit Zustimmung und unter der Aufsicht Mohammeds getötet, die Frauen und Kinder in die Sklaverei verkauft. Weitere Stichworte. Vertreibung der ebenfalls jüdischen Banu n-Nadir, Grabenschlacht und Zug nach Chaibar, Vertrag von Hudaibiyya – für die 1966 in Ägypten geborene Schweizer Reformmuslima Elham Manea „die Wirklichkeit zum Besseren zu verändern, … eine gerechte Welt für die Menschen zu schaffen“?
Apostasie oder Kritik am Propheten wurden und werden mit dem Tod bestraft, Verstöße gegen das religiös gebotene Verhalten zeitigen mindestens Peitschenhiebe. Die Ehefrau muss Besitzer und Ehemann gehorchen, beispielsweise sexuell jederzeit zu Diensten sein und darf ohne seine Erlaubnis das Haus nicht verlassen. Ab der Pubertät hat die Muslima ihren Körper mit einem Hidschab, der blickdicht ist und jede Körperkontur verbirgt, zu bedecken mindestens bis auf Hände und Gesicht. Diese menschenfeindlichen Standards durchziehen die Geschichte des Islamischen Rechts der folgenden 1400 Jahre und gelten im Grundsatz bis heute, sie sind authentisch islamisch und eben keine neuzeitliche Erfindung etwa von Indiens Darul Uloom oder von der ägyptischen Muslimbruderschaft.
Nach dem 11. September 2001 sowie angesichts der Reislamisierung des Nahen Ostens sah Manea nach eigenem Bekunden ihre Aufgabe darin:
8-9 die Mauer des Schweigens gegenüber jenem Islam zu durchbrechen, der heute im Nahen Osten propagiert, praktiziert und nach Europa getragen wird.
Gibt es für die FFI-Chefin mehrere Islams oder sagt man Islame? Weltweit schweigt man keineswegs zum Islam, sondern schüchtert den Islamkritiker ein oder bringt ihn um … insofern allerdings eine „Mauer des Schweigens“.
10 Ich bin Humanistin. (…)
Warum fordert Manea an dieser Stelle nicht den Standard vom 10. Dezember 1948 auch in der Heimat ihrer Eltern Jemen und Ägypten? AEMR weltweit ja oder nein?
11 Ich glaube, dass das Wohl des Menschen das letztendliche Ziel sein muss.
Könnte Islamstifter Mohammed oder könnte der Europaführer der Muslimbruderschaft, Tariq Ramadan, könnten Ayatollah Chomeini oder Maududi ebenfalls genau so gesagt haben: „das Wohl des Menschen“ – istislah, maslaha, irdisches Wohlergehen.
Was, wenn uns eine beliebige Community sagt: „Fragen Sie gerne nach, unsere Sklaven sind zufrieden“? Was, wenn eine jemenitische oder ägyptische oder europäische Muslima sagt: „Es ist ok, dass mein Ehemann doppelt so viele Rechte hat wie ich, mich jederzeit zum Sex zwingt, mich nach Belieben ins Haus einsperrt, sich eine Zweitfrau bis Viertfrau nimmt die beliebig jung sein kann, genau das ist ja schließlich mein irdisches „Wohl“?
Sehr geehrte Frau Manea, was meinen Sie mit „Wohl“, „Wohl des Menschen“?
11 Und ich glaube, dass es universelle Werte gibt, die für jede Rasse, Hautfarbe, Kultur und Religion Gültigkeit besitzen.
Universelle „Werte“ interessieren uns Bürgerrechtler durchaus, aber Werte sind nicht einklagbar. Nur Rechte sind einklagbar. Wir fordern universelle Rechte.
Jacques Auvergne