Die Beschneidung hat keine Vorteile – aber viele Nachteile
Die im Sinne der genitalen Intaktheit aller Kinder und Jugendlichen wichtigste Rede anlässlich des Worldwide Day of Genital Autonomy (Welttag der genitalen Selbstbestimmung) hielt die Vorsitzende des Zentralrates der Ex-Muslime, die den von Beschneidungsverharmlosern immer wieder behaupteten: „Schutz vor AIDS und Krebs“ und „das Verhindern urologischer Krankheiten“ nüchtern in den Bereich des Aberglaubens verweist. Mina Ahadi zeigt auf, dass es modern denkenden Menschen und ernsthaften Kinderrechtlern nicht um das Aushandeln von Altersgrenzen zum Beschneiden Minderjähriger, sondern um: „ein weltweites Beschneidungsverbot von allen Jungen und Mädchen unter achtzehn Jahren“ gehen muss. Ein kompromissloser Einsatz für Wissenschaft und Kinderrechte, Köln am 7. Mai 2014.
Ich bin Mina Ahadi und spreche hier für den Zentralrat der Ex-Muslime und auch für Eltern aus so genannten Islamischen Ländern, wo die Jungenbeschneidung eine verbreitete religiöse Tradition ist.
Vor genau einem Jahr standen wir schon einmal auf diesem Platz, um die Gesundheit aller Kinder zu verteidigen und ihre körperliche Unversehrtheit zu schützen.
Ging es damals im Wesentlichen darum, für die Bundesrepublik Deutschland das Beschneidungsgesetz § 1631d BGB abzuschaffen, kommen wir heute zusammen, um solche Gesetze international zu verhindern.
Noch immer wird auf der ganzen Welt behauptet, vor allem in den sogenannten islamischen Ländern, die Jungenbeschneidung sei eine religiöse Pflicht und diene zusätzlich dem Schutz vor AIDS und Krebs oder sei hilfreich in Bezug auf das Verhindern urologischer Krankheiten. Wer wissenschaftlich an diese Behauptungen herangeht erkennt, dass das einfach nicht stimmt. Ganz im Gegenteil, weltweit sterben Jahr für Jahr zahlreiche Kinder bei der Beschneidung und zwar durchaus auch bei oder nach den Operationen in modernsten Krankenhäusern.
Auch wenn es durch eine einflussreiche Lobby aus Religionsführern, beschneidungsfreundlichen Medizinern und machtbesessenen Politikern geleugnet wird, sind die schädlichen Folgen jeder Beschneidung der Fachwelt und Teilen der Öffentlichkeit inzwischen bekannt. Die notwendige Aufklärungsarbeit müssen wir jetzt in die Jugendämter, Wohlfahrtsverbände und Schulen bringen. Wir werden dabei auf Widerstand stoßen.
Eine medizinisch erforderliche oder medizinisch vorteilhafte Beschneidung von Jungen unter achtzehn Jahren gibt es in 99 Prozent der Fälle nicht, selbst dann kann und sollte vorhauterhaltend behandelt werden. Gerade bei den Familien aus sogenannten islamischen Ländern muss ein Umdenken stattfinden. Die Mullahs und Muftis, die den Verlust ihrer Macht und Bedeutung fürchten, setzen in diesen Monaten die europäischen Regierungen unter Druck. Wir Beschneidungsgegner sind eine stetig wachsende, weltweite Bewegung geworden. Politik und Presse können uns nicht mehr ignorieren. Nutzen wir unsere Stärke, um weltweit Gesetze zu erreichen, die das Kindeswohl und die Kinderrechte – von Mädchen und Jungen – wirklich schützen.
Deshalb ist unsere heutige Demonstration gegen die Kinderbeschneidung nicht nur für Deutschland oder Europa wichtig, sondern hat eine unmittelbare Wirkung auf Länder wie Iran, Irak, Sudan und Afghanistan.
Kinderärzte und Psychologen überall auf der Welt sind sich längst einig, dass die Beschneidung Mädchen ebenso wie Jungen an der körperlichen und seelischen Gesundheit beschädigt – und zwar ein ganzes Leben lang. Kein Kind kann verstehen, worum es bei der Beschneidung wirklich geht, der Junge will Ehre und Männlichkeit erzielen und ihm wird durch die Eltern und großen Brüder deutlich gemacht, dass das ohne Beschneidung nicht funktioniert.
Auch Vierzehn- bis Siebzehnjährige sind, völlig altersgemäß, sexuell relativ unerfahren und können durch erwachsene Vertrauenspersonen leicht überlistet werden, in eine Beschneidung einzuwilligen. Alle diese Kinder und Jugendlichen müssen wir vor der lebenslangen und irreversiblen Schädigung schützen. Die Studien des dänischen Mediziners Dr. Morten Frisch belegen, dass die Beschneidung auch das Intimleben der Sexualpartner eines männlichen Beschnittenen nachteilig beeinflussen kann.
An diesem siebten Mai verlangen wir von den Menschenrechtsorganisationen und Politikern, den Angriff auf den gesunden Körper eines jungen Menschen als Menschenrechtsverletzung und Kinderrechtsverletzung zu definieren und fordern ein weltweites Beschneidungsverbot von allen Jungen und Mädchen unter achtzehn Jahren. Es gibt kein Elternrecht auf Beschneidung.
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