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Iran: Gesetzentwurf „Hidschab und Keuschheit“

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حجاب و عفاف

ḥiǧāb wa ʿafāf

hijab and chastity

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Lohn für die erlaubte oder Strafe für die verbotene Kleidung

Im Juli 2023 wird bekannt, dass die Justiz- und Rechtskommission des Parlaments der Islamischen Republik Iran den Gesetzentwurf „Hidschab und Keuschheit“ (حجاب و عفاف ḥeǧāb va ʿefāf) gebilligt und veröffentlicht hat. Dieser Gesetzentwurf, zunächst von der Justiz ausgearbeitet und der Regierung vorgelegt, ist nun überarbeitet und im Justizausschuss des Parlaments unter dem Titel „Gesetzentwurf zur Unterstützung der Familie durch Förderung der Kultur der Keuschheit und des Hidschab“ (لایحه حمایت از خانواده با ترویج فرهنگ عفاف و حجاب) erneut veröffentlicht worden.

Der überarbeitete Gesetzentwurf enthält 70 Artikel, die deutlich strenger sind als die Originalfassung. Um ein Gesetz zu werden, muss dieser Gesetzentwurf vom gesamten Parlament, dem Madschlis (مجلس maǧlis, anglis. majlis) genehmigt und vom Wächterrat (شورای نگهبان Šūrā-ye Negahban, Guardian Council) genehmigt werden. Angesichts der Kontrollmacht, die die Befürworter der islamischen Hidschab-Pflicht über diese Institutionen haben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie durch beide Institutionen genehmigt wird.

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(Resolution der Generalversammlung, verabschiedet am 15. Dezember 2022 · A/RES/77/228 · Die Menschenrechtssituation in der Islamischen Republik Iran · „Die Generalversammlung ( …) bekundet ihre ernste Besorgnis darüber, dass die Durchsetzung des Hidschab- und Keuschheitsgesetzes und seine gewaltsame Umsetzung durch die iranische Sittenpolizei die Menschenrechte von Frauen und Mädchen, einschließlich des Rechts der freien Meinungsäußerung und der Meinungsfreiheit, grundlegend untergräbt, und fordert die Islamische Republik Iran nachdrücklich auf, die Anwendung übermäßiger Gewalt bis hin zu tödlicher Gewalt bei der Durchsetzung jeder Politik, die den Menschenrechten von Frauen und Mädchen zuwiderläuft, sowie die Anwendung von Gewalt und die Anwendung zum Tode führender Gewalt gegen friedlich Demonstrierende, darunter Frauen und Kinder, etwa nach der willkürlichen Verhaftung von Mahsa Amini und ihrem späteren Tod in Haft, einzustellen …“ un.org/depts/german/gv-77/ar77228.pdf.)

(Der Wächterrat, eigentlich Rat der Wächter des Grundgesetzes (شورای نگهبان قانون اساسی, Šūrā-ye Negahbān-e Qānūn-e Asāsī) ist Teil der Regierung und hat, neben dem Obersten Führer, die höchste (irdische, Anmerkung) Herrschergewalt im islamischen System des Iran (nur Gott stehe darüber). Er besteht aus zwölf Männern. Rahbar bedeutet Führer, und auf den Titel Oberster Führer (maqām-e rahbarī, Führende Institution) oder Führer der Islamischen Revolution (Rahbar-e Enqelāb-e Eslāmī) hört seit 1989 der 1939 geborene Ali Chamenei.)

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Für die Weigerung, den Hidschab zu tragen oder bei Widerstand gegen Vollzugsbeamte sieht der abgeänderte Gesetzentwurf höhere Strafen vor. Eine Vielzahl von Institutionen, Organisationen und Ministerien sind in gemäß der ersten vier Kapitel des überarbeiteten Gesetzentwurfs dazu bestimmt, die Einhaltung der Schleierpflicht durchzusetzen. Laut Gesetz müssen diese Institutionen neue Gesetze oder Verordnungen finden und formulieren, um die Einhaltung des Hidschab in ihrem Exekutivbereich sicherzustellen. Darüber hinaus sollten Irans Kulturinstitutionen den Hidschab auf verschiedene Weise unterstützen und fördern. Der Gesetzentwurf betont auch die Geschlechtertrennung im Gesundheitswesen, im Bildungswesen und in den sozialen Diensten.

Frauen, die sich weigern, den Hidschab zu tragen, drohen schwere Strafen, darunter eine Freiheitsstrafe von fünf bis zehn Jahren oder eine Geldstrafe von bis zu 36 Millionen Toman. Weitere im fünften Kapitel dieses Gesetzentwurfs erwähnte Strafen sind beispielsweise Geldstrafen, die Beschlagnahmung von Reisepässen oder Reiseverbote.

Der Islam regelt jeden Bereich des Lebens und findet, islamisch konsequent, für den einzelnen Menschen die schlussendliche Bestätigung und letztgültige Beurteilung erst nach dem Tod, entweder als glückseliger, endloser Lohn oder als schrecklich schmerzhafte Strafe ohne Ende. Insofern ist auch der Hidschab keine Kleinigkeit. Als muslimischer Ehemann oder Vater oder als dem Islam verpflichtetes Staatsoberhaupt auf Erden die islamische Kleidung, insbesondere die Frauenkleidung, nicht durchzusetzen, als Mädchen oder ab der Pubertät oder als Frau den Hidschab nicht zu tragen, hieße seinen Platz in ewiger Nähe zu Allah zu verspielen.

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Nach Ansicht des sunnitischen Islamgelehrten al-Albani muss der Hidschab (حجاب ḥiǧāb) folgende Anforderungen (شُرُوط šurūṭ) erfüllen.

Der korrekte Hidschab

• muss den gesamten Körper bedecken bis auf Gesicht und Hände
• darf selbst kein Schmuck (zīna) sein
• muss blickdicht (ṣafīq) sein, darf also nichts durchschimmern lassen
• muss wallend (faḍfāḍ) sein, darf nicht eng anliegen
• darf nicht parfümiert sein
• darf nicht der Kleidung des Mannes ähneln
• darf nicht der Kleidung ungläubiger Frauen ähneln
• darf keine Kleidung sein, mit der man nach Berühmtheit strebt

Von 1979 an, und umfassend ab 1983 setzte der schiitische Geistliche und Revolutionsführer Ayatollah Chomeini, von dem sich nicht sagen lässt, dass er seine Religion falsch verstanden hätte, den Schleier durch. Im Jahr 2022 kontrollieren die Inspektoren der Führungsstelle zur Beförderung des Guten und zum Verbot des Lasters (HEGFE, Headquarters for Enjoining Good and Forbidding Evil) rund 25 iranische Organisationen, die damit beschäftigt sind, die Schleierpflicht durchzusetzen, darunter die 21-Tir-Einheit (ستاد ۲۱ تیرماه), englisch 21-Tir Base, 21 Tir camp, July 12 Base oder the headquarters of 21 Tir, und die Dschihad-Tabiyin-Einheit. Die 21-Tir-Einheit hat die Aufgabe, den korrekten Hidschab bei den weiblichen Regierungsangestellten zu kontrollieren. Durch die Islamische Republik Iran ist der 12. Juli, 21-Tir nach dem persischen Kalender, zum Hijab and Chastity (حجاب و عفاف) Day ausgerufen worden, zum Tag des Hidschab und der Keuschheit. Direktor des Enjoying What Is Right and Forbidding What Is Evil HQ ist Seyyed Ali Khan-Mohammadi, seine Organisation greift bereits ihrem Namen nach den Grundsatz der Hisba (حسبة ḥisba) auf, der Islambefolgung und Islamdurchsetzung, Gutes gebieten und Böses verbieten, al-amr bi-l-maʿrūf wa-n-nahy ʿani-l-munkar (الأمر بالمعروف والنهي عن المنكر).

Gascht-e Erschad (گشت ارشاد Gašt-e Eršād), englisch Guidance Patrol, ist die islamische Moralpolizei im Iran. Seit September 2022 führt der gewaltsame Tod der 22-jährigen Mahsa Amini im unmittelbaren Anschluss an ihre Festnahme durch die Sittenpolizei zu massenhaftem Protest, gegen Gascht-e Erschad, gegen den Hidschabzwang, und gegen die Regierung der Republik, die leider nach wie vor eine Islamische Republik ist.

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(Der Basidsch-e Mostazafin (بسيج مستضعفين, Basīǧ-e Mostażʿafīn „[Organisation zur] Mobilisierung der Unterdrückten“), kurz auch der Basidsch, anglisiert the Basij ist eine als inoffizielle Hilfspolizei eingesetzte paramilitärische Miliz des Iran, die sich aus Freiwilligen rekrutiert. Die Angehörigen dieser Miliz bzw. Milizen (Basidschmilizen) werden Basidschi genannt und dienen dem islamischen Regime zur Unterdrückung echter oder vermeintlicher Opposition. Untereinheiten wie der Frauenbasidsch oder der Professorenbasidsch erzeugen in ihren Bereichen die seitens der islamischen Obrigkeit gewünschte Atmosphäre der Angst, damit Regimekritiker nur ja nicht wagen, ihre Meinung zu äußern. Bei den Protesten seit September 2022 sind auch Basidschi an der Tötung und Misshandlung von Demonstranten beteiligt. Am 26. November 1979 durch einen Erlass von Ruhollah Chomeini gegründet, ist der Basidsch organisatorisch eine Abteilung der Iranischen Revolutionsgarde.)

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(Der Basidsch-e Mostazafin (بسيج مستضعفين, Basīǧ-e Mostażʿafīn „[Organisation zur] Mobilisierung der Unterdrückten“), kurz auch der Basidsch, anglisiert the Basij ist eine als inoffizielle Hilfspolizei eingesetzte paramilitärische Miliz des Iran, die sich aus Freiwilligen rekrutiert. Die Angehörigen dieser Miliz bzw. Milizen (Basidschmilizen) werden Basidschi genannt und dienen dem islamischen Regime zur Unterdrückung echter oder vermeintlicher Opposition. Untereinheiten wie der Frauenbasidsch oder der Professorenbasidsch erzeugen in ihren Bereichen die seitens der islamischen Obrigkeit gewünschte Atmosphäre der Angst, damit Regimekritiker nur ja nicht wagen, ihre Meinung zu äußern. Bei den Protesten seit September 2022 sind auch Basidschi an der Tötung und Misshandlung von Demonstranten beteiligt. Am 26. November 1979 durch einen Erlass von Ruhollah Chomeini gegründet, ist der Basidsch organisatorisch eine Abteilung der Iranischen Revolutionsgarde.)

(Die Islamische Revolutionsgarde ist die Armee der Wächter der Islamischen Revolution (سپاه پاسداران انقلاب اسلامی Sepāh-e Pāsdārān-e Enqelāb-e Eslāmī, kurz auch Sepāh oder Pasdaran), informell Revolutionsgarde (الحرس الثوري, al-ḥaras aṯ-ṯawrī), englisch Islamic Revolutionary Guard Corps (IRGC), auch Revolutionswächter, bildet zusammen mit der regulären Armee (Artesch) die Streitkräfte des Iran und gilt vielen als wichtigste und mächtigste Institution der Islamischen Republik Iran. Die Garde verfügt über ein eigenes Heer, eine eigene Marine und Luftstreitkraft sowie über einen eigenen Geheimdienst.)

(„Seyyed Mohammed Saleh Hashemi Golpayegani has been the head of the Headquarters for Enjoining Right and Forbidding Evil (also known as the Office or Headquarters for the Promotion of Virtue and Prevention of Vice) since 25 August 2021. The Headquarters for Enjoining Right and Forbidding Evil is a government institution which is responsible for determining and enforcing excessively strict behavioural models in society. In 2022, the Headquarters for Enjoining Right and Forbidding Evil was instrumental in setting new and stricter morality codes for women that are in clear violation of their human rights. Additionally, the Headquarters for Enjoining Right and Forbidding Evil plays a central role in setting up the monitoring and often brutal sanctioning of women and men who do not respect these codes. These strict codes are subsequently brutally enforced by the EU-listed Law Enforcement Forces of the Islamic Republic of Iran (LEF) (and specifically its Morality Police). As the head of the Headquarters for Enjoining Right and Forbidding Evil, Seyyed Mohammed Saleh Hashemi Golpayegani is therefore responsible for serious human rights violations in Iran.“ 23.01.2023 · Official Journal of the European Union · L 20 I/23 · COUNCIL IMPLEMENTING DECISION (CFSP) 2023/153 · of 23 January 2023 · eur-lex.europa.eu legal-content 32023D0153.)

(Amr Be Ma’rouf va Nahi Ya Mankar, Enjoining Right and Forbidding Evil). Das Gebieten des Rechten und Verbieten des Verwerflichen (arabischالأمر بالمعروف والنهي عن المنكر al-amr bi-l-maʿrūf wa-n-nahy ʿani-l-munkar) ist ein islamischer Grundsatz koranischen Ursprungs, der die Durchsetzung der islamischen Gesetzlichkeit und Verhaltensvorschrift beschreibt. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe gilt im islamischen Recht als Pflicht der muslimischen Gläubigen und ist heutzutage in einigen Ländern auch von staatlicher Seite institutionalisiert, zum Beispiel in Saudi-Arabien in Form des Komitees für das Gebieten des Rechten und Verbieten des Verwerflichen (Haiʾat al-amr bi-l-maʿrūf wa-n-nahy ʿani-l-munkar). Gemäß der islamischen Staatslehre heißt das Prinzip und Amt, das für die gegebenenfalls gewaltsame Umsetzung dieses Grundsatzes zuständig ist, Hisba (ḥisba), der Amtsträger Muhtasib (muḥtasib). In den internationalen Medien werden Organisationen und Gruppen, die sich dieser Aufgabe widmen, meist Islamische Religionspolizei genannt.)

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In den letzten Wochen, ungefähr 300 Tage nach dem Tod von Mahsa Amini im Internierungslager der Moralpolizei (Gescht Irschad, Mandatory Hijab Police) und dem Beginn der größten öffentlichen Proteste seit der Islamischen Revolution (auch Revolution 57 (Enghelāb-e Pandschah o Haft) genannt, nach dem Revolutionsjahr 1357, also 1979 der gewöhnlichen Zeitrechnung), sind die Irschad-Streifenwagen wieder auf die Straße zurückgekehrt.

Im Juli 2023 kündigte Saeed Montazeral-Mahdi, der Sprecher des Polizeikommandos (FARAJA), die Einrichtung von Auto- und Fußpatrouillen an, alle zu erwischen, die sich außerhalb der, selbstredend schariakonformen, Norm kleiden. Als Grund für die Einrichtung dieser Patrouillen nannte Montazer al-Mahdi „Forderungen aus der Bevölkerung und Wünsche verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und Institutionen“ sowie „den Wunsch des Präsidenten und der Justiz“, brim Ziel, „die öffentliche Sicherheit zu erweitern und das Fundament der Familien zu stärken“.

In den sozialen Netzwerken im Juli 2023 veröffentlichte Bilder zeigen Irschad-Streifenwagen auf den Straßen Teherans sowie zahlreiche Videos bzw. Berichte über die zunehmende Zahl von Mitarbeitern der Organisation Amran Be Ma’ruf auf den Straßen Teherans sowie das Verhängen von Bußen („Tazker“) gegen an Frauen, die den obligatorischen Hidschab nicht getragen haben.

Am 22. Juni dieses Jahres gab die Nachrichtenagentur Meezan, die der Justiz der Islamischen Republik Iran angeschlossen ist, bekannt, dass die Film- und Fernsehschauspielerinnen Azadeh Samadi (آزاده صمدی) und Leila Blokat (لیلا بلوکات) wegen „Ablegen des Hidschab“ vor Gericht geladen wurden.

All dies geschieht, nachdem mit Beginn der Proteste unter dem Ruf und Aufruf „Frauen, Leben, Freiheit“ (زن، زندگی، آزادی kurdisch: Jin, Jîyan, Azadî) auch viele iranische Schauspielerinnen ihren Hidschab abgelegt hatten, um ihre Solidarität mit den Demonstranten zu zeigen.

Man verurteile die Unterdrückung der individuellen Freiheiten im Iran, insbesondere der Freiheiten der Frauen, und fordere jede Regierung, also auch die iranische auf, die Grundrechte der Menschen, einschließlich ihrer Kleidungs- und Lebensstilfreiheit zu respektieren. Einerseits muss die Führung im Iran weg.

Andererseits lässt sich nicht sagen, dass das Regime der Ayatollahs seine Religion falsch verstanden hätte. Im Diesseits wie im Jenseits wird dir Lohn für die erlaubte oder Strafe für die verbotene Kleidung zuteil.

Die von uns für zutiefst menschlich und für allgemeingültig gehaltene Freiheit, sich insbesondere als Frau die gewünschte Kleidung selbst auszuwählen, ist mit der wesensgemäß intoleranten, totalitären und frauenfeindlichen Scharia nicht vereinbar, die daher nicht zur Verhaltensvorschrift werden darf und schon gar nicht zum Gesetz eines Landes.

Jacques Auvergne

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